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Pädagogik & Psychologie
Spielentwicklung: Spielmaterialien für Kinder bis drei Jahre
Beim Einkaufsbummel im Supermarkt lässt sich auch so manches gute Spielzeug für die Jüngsten in der Krippe entdecken – einen dieser typischen Backpinsel aus Plastik mit Borsten beispielsweise. Man denke nur an ein achtzehn Monate altes Kind, das den Pinsel in den Mund steckt und mit seiner Zunge entlang der flexiblen Borsten fährt. Warum können solche Alltagsgegenstände durchaus auch geeignetes Spielmaterial für Kinder bis drei Jahre sein? Anregung liefern Ansätze zur Spielentwicklung nach Emmi Pikler und Maria Montessori.
Was macht ein geeignetes Spielzeug für die Allerjüngsten aus? Als gut wertet zum Beispiel der Neurobiologie Professor Dr. Gerald Hüther, wenn das Kind damit die beiden Haltungen, die es bei der Geburt mitbringt, bestätigt bekommt: Neugier und Gestaltungslust. Was also könnte ein Kind alles mit einem Backpinsel neugierig entdecken oder gestalten? Es kann den Pinsel zum Beispiel in den Mund stecken – eine schöne Sinneserfahrung. Es kann sich selbst oder ein Gegenüber damit streicheln, ebenfalls eine angenehme Sinneserfahrung, samt positiver Aufmerksamkeit, die es dafür erhält.
Alltagsgegenstände als lern- und erlebnisförderliches Mittel
Bereits anderthalbjährige Kinder rühren sehr gern mit Kochlöffeln oder anderen Alltags- und Haushaltsgegenständen geschäftig in Töpfen. Bei diesem „Symbolspiel“ werden Szenen des Umwelterlebens oder der Vorstellung sinnbildlich nachgeahmt und ins Spielgeschehen umgesetzt. Neben der Ausbildung der Feinmotorik lernt das Kind beim Rühren im Topf auch, zu verarbeiten, was es sieht und erlebt.
Mit dem Pinsel kann ein Kind natürlich auch ganz konkret beim Backen helfen, indem es Plätzchen mit Eiweiß bestreicht, bevor sie in den Ofen kommen. Nachdem es beim Spiel mit Fingerfarben alles ausgiebig mit Händen und Fingern befühlt und seine spontane Neugier gestillt hat, hat es vielleicht die Idee, den gut greifbaren Backpinsel in die Farbe zu tunken und damit auf ein Blatt Papier zu malen. DIN-A4-Papier ist für solche Aktionen eher ungeeignet. Besser ist DIN-A3-Papier, denn das kleinere Format entspricht nicht den feinmotorischen Möglichkeiten eines Kleinkindes. Es möchte grob und in die Weite und Breite malen können. Was mit Händen und Armen weit ausgefahren werden kann, macht auch das Gehirn weit. Zum Backpinsel kommen schließlich noch ein Löffel und ein Schwamm dazu: „Malen mit Haushaltsgegenständen“ heißt das Projekt dann.
Sein Können und das Miteinander im freien Spiel entdecken
Bei einem Pinsel mit längerem Stiel liegt auch nahe, ihn als Schwert zu benutzen, als Angriffs- oder Verteidigungsmittel. „Oh je – nein, wir haben keine Waffen in der Krippe“, denken Sie? Sicher, Waffen machen Arbeit. Sie erfordern noch mehr Präsenz vonseiten der Erzieher*innen: körperlich, geistig und emotional. Es gilt, noch mehr auf der Hut zu sein, Sicherheit zu gewährleisten, zu vermitteln, ruhig Blut zu behalten oder auch mal einzugreifen. Es ist sehr einfach, den Kindern Raufen und Kräfte messen mit dem Einsatz solcher Gegenstände zu verbieten. Schwieriger wird es jedoch, einen gesunden und spielerischen Umgang damit zu ermöglichen. Doch wann und wo sollten Kinder sonst die Möglichkeit haben, solche Instrumente und auch ihre eigenen Kräfte kennenzulernen? Wer gibt ihnen, wie es die Pädagogin und Ärztin Emmi Pikler formuliert hat, den (Frei-)Raum, die Gelegenheit und die Erlaubnis dazu, wenn nicht die Fachkräfte in der Krippe?
Oder doch eher auf Spielzeug setzen, das im Handel mit Etikettierungen wie „Kleinkinder Alter 6 Months Toddler Baby Sensorischen Spielzeug Doppelseitig Flip Schmetterling Einfache Dimple Zappeln Spielzeug Lernen Zappeln Bord“ angeboten wird? Schließlich kann das Kind damit doch hervorragend Knöpfe drücken üben. Aber was kann es sonst damit tun? Auf den Boden werfen. Schauen, ob es aufgeht und im Inneren etwas Spannenderes enthält. Etwas, das seine Neugier stillt …
"Spielen ist Dünger für das Gehirn und Kraftfutter für Kinderseelen"
Gerald Hüther
(Neurobiologe)
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