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Pädagogik & Psychologie
PORTFOLIO - so viel mehr als eine schöne Erinnerung
Foto: Adobe Stock meteoritika
Individuelle Entwicklungsdokumentation in Kita und Krippe
„Guck mal, wie ich da hochgeklettert bin, das war ganz schön schwer, oder?“ - so oder so ähnlich klingt es, wenn Kinder in ihren Portfolios blättern und stolz erzählen, was sie schon alles erlebt haben. Ich-Buch, Entwicklungsordner, Schatzbuch, Erinnerungsmappe oder einfach Portfolio sind nur einige Begriffe, die für die Portfolio-Ordner in den einzelnen Einrichtungen verwendet werden.
Portfolios sind die beste Möglichkeit, die Lernentwicklung und die individuellen Lernschritte einzelner Kinder zu dokumentieren. Sie haben sich mittlerweile in den meisten Kitas etabliert und begleiten die Kinder von der Eingewöhnung bis zur Einschulung.
Vom Portfolio zur Bildungsarbeit
Portfolioarbeit ist spätestens in den letzten zehn Jahren zum festen Bestandteil der pädagogischen Arbeit geworden und für die meisten Erzieher:innen nicht mehr wegzudenken. Was früher eine Sammelmappe war, in der die schönsten Kunstwerke der Kinder gesammelt wurden, ist heute echte Bildungsarbeit. Portfolios sind heute in der Regel von den Kindern selbst gestaltete Mappen.
Praxistipp
Einige Beispiele, was man in einem Portfolio-Ordner finden könnte:
- Fotos
- Kunstwerke
- lustige Kindermund-Sprüche
- Lieblingslieder
- Fingerspiele
- Lieblingsrezepte
- Hand- und Fußabdrücke
- Messfäden
- Themenseiten wie z.B.
- „Meine Freunde und ich“ oder
- „Unser Kartoffelprojekt“
Jedes Portfolio ist ein Unikat - die Kinder bestimmen die Gestaltung selbst.
Lerngeschichten dokumentieren darüber hinaus die individuelle Entwicklung der Kinder. Jedes Portfolio ist daher so einzigartig wie das Kind selbst. Diese Einzigartigkeit hängt auch mit der selbstbestimmten Gestaltung des Ordners zusammen. Jedes Kind ist Experte für sein eigenes Portfolio und weiß bzw. bestimmt selbst, was hinein gehört und was nicht.
Auch wenn es uns manchmal schwerfällt, wir andere Vorstellungen haben und das Portfolio gerne mit bestimmten Inhalten füllen würden, sind wir als pädagogische Fach- und Ergänzungskräfte lediglich Begleiter des Kindes. Die Kinder werden entsprechend ihrer Kompetenzen in die Arbeit einbezogen, d.h. vor allem die älteren Kinder arbeiten sehr selbstständig an ihren Portfolios. Wichtig ist, dass wir bei den Formulierungen auf den einzelnen Seiten darauf achten, in möglichst einfacher Sprache aus der Ich-Perspektive zu schreiben, wenige Sätze und Wörter zu verwenden und den O-Ton des Kindes zu nutzen, also genau das aufzuschreiben, was das Kind dazu sagt.
Portfolios fördern den Dialog zwischen Eltern und Kindern und schaffen Transparenz
Auch die Eltern der Kinder haben die Möglichkeit, sich aktiv an der Bildungsdokumentation zu beteiligen. Das Portfolio bietet die Möglichkeit, mit dem eigenen Kind in einen Dialog zu treten und sich über den Inhalt des Portfolios mit all seinen bisherigen Entwicklungen auszutauschen. Dabei geht es vor allem darum, die Entwicklung gemeinsam zu betrachten und die Kinder selbst erzählen zu lassen. Meist sind die Kinder begeistert und erzählen alles, was ihnen zu der gerade entdeckten Seite einfällt. Die meisten Eltern sind sehr interessiert daran, wie sich ihr Kind in ihrer Abwesenheit verhält und was es so tut, wenn es „alleine“ ist. Portfolios bieten einen schönen Einblick und somit auch eine Grundlage, für mehr Transparenz und Vertrauensbildung im Rahmen der Bildungs- und Erziehungspartnerschaft.
Ein Werkzeug für Sprachanlässe und visuelle Unterstützung
Nicht jedes Kind redet sofort los, es gibt auch stille Betrachter. Hier bietet eine Portfolio-Mappe große Chancen, denn Kinder, die zum Sprechen und Erzählen kleine Impulse brauchen, finden hier schnell Sprachanlässe. Das Portfolio spiegelt die eigene Welt des Kindes wider und manchmal fällt es den Kindern leichter, ins Sprechen zu kommen. Hilfreich sind dabei vor allem offene Fragen wie: "Was machst du da?", "Was hast du da gemacht?", "Woran erinnerst du dich noch genau?" oder "Das konntest du schon ... und jetzt?". Während die Kinder anderen von sich erzählen, dient der Portfolio-Ordner als visuelle Unterstützung.
Portfolioarbeit fördert Lernmotivation und Selbstvertrauen
Durch das Portfolio können die Kinder ihre eigenen Entwicklungsschritte selbst nachvollziehen und neben der Lernmotivation und der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen fördert die Portfolioarbeit das Selbstbewusstsein der Kinder. Jeder ist stolz darauf, etwas geschafft oder Neues gelernt zu haben und gerade Kinder erzählen gerne darüber. So kann das Portfolio nicht nur für den Dialog zwischen Eltern und Kind genutzt werden, sondern auch als Brücke, um ein Kind mit einer neuen pädagogischen Fachkraft in Kontakt zu bringen. Die Kinder vertrauen ihr den Inhalt ihres Ordners an und kommen so automatisch und spielerisch mit ihr in Kontakt.
Ein Gewinn - auch für die pädagogische Arbeit der Erzieher:innen
Durch die Arbeit mit den Portfolio-Ordnern können manche Hürden leichter genommen werden. Wenn zum Beispiel eine neue Fachkraft in einer Kita anfängt, kann der Ordner Gold wert sein. Die Fachkraft kann Gesehenes und Gehörtes besser verknüpfen und Zusammenhänge leichter verstehen. So kommt sie viel leichter in Kontakt und lernt in kurzer Zeit viel über das Kind. Kennenlernen und Vertrauen können so leichter aufgebaut werden. Davon profitiert nicht nur das Kind, sondern auch die Fachkraft selbst, da sie sich schneller integrieren und somit wohler fühlen kann.
Zum einen erfährt die neue Fachkraft viel über den aktuellen Entwicklungsstand des Kindes, zum anderen erfährt sie viel über die Art des Kindes - wie kommuniziert es? Ist es kontaktfreudig oder eher zurückhaltend? Wie blättert es um und wie steht es mit der Feinmotorik? Ein solcher Ordner ist also nicht nur für das Kind selbst wertvoll, sondern bereichert auch die Arbeit der Erzieher:innen. Sowohl in der Arbeit mit dem Kind als auch in der Zusammenarbeit mit den Eltern.
Mit Eltern im Gespräch - mit dem Portfolio das Eis brechen
Ein Portfolio eignet sich auch besonders gut für Entwicklungsgespräche oder Elterngespräche aller Art und kann dort auf vielfältige Weise eingesetzt werden. Gerade unerfahrene oder etwas schüchterne Fachkräfte können mit diesem Medium gut ins Gespräch kommen - zum Beispiel als Smalltalk zum Gesprächseinstieg. Das gemeinsame Betrachten der Inhalte eines solchen Ordners kann wie ein Eisbrecher wirken und ein Gespräch in Gang bringen. Vor allem, wenn man selbst etwas nervös ist.
Neben den vielen wertvollen Entwicklungshinweisen, wie Mal- und Zeichenentwicklung, Stifthaltung und vielem, vielem mehr, ist der Portfolio-Ordner natürlich auch eine schöne Erinnerung an die eigene Kindheit und die Zeit in der Kita.
Die Erinnerung ist das einzige Paradies, aus dem wir nicht vertrieben werden können.
Jean Paul
Online-Live-Seminar
Portfolio – So gelingt`s!
Individuelle Entwicklungsdokumentation in Kita und Krippe
In diesem Online Seminar bieten wir Ihnen die Möglichkeit, sich umfassend mit der Portfolioarbeit auseinanderzusetzen und wertvolle Kenntnisse sowie praktische Fertigkeiten in der Dokumentation der individuellen Lernentwicklung von Kindern zu erlangen.
Inhalte
- Aufbau eines Portfolios
- Portfolioarbeit im Kita-Alltag umsetzen
- Partizipation in der Portfolioarbeit
- Beobachtungsmodelle der kindlichen Entwicklung
- Entwicklungsschritte des Kindes analysieren
- Portfoliodokumentation als Gesprächsgrundlage nutzen
Seminarzeiten:
Das Seminar besteht aus einem Termin:
17.06.2024; von 09:00 - 12:00 Uhr & 13:00 - 16:00 Uhr
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