Berufsbildungsseminar e.V. Landau

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Sprache & Kommunikation

Mit Kindern über Krieg und Frieden sprechen

Mit Kindern über Krieg und Frieden sprechen

Foto: Adobe Stock/motortion

Gespräche über den Krieg – kindgerecht

Das Thema Krieg ist bedrohlich nah gerückt. So sehen das jedenfalls viele Erwachsene. Es gelingt kaum, die eigene Angst vor den Kindern zu verbergen und noch weniger gelingt es, den Kindern Erklärungen anzubieten, die sie verstehen können und die sie nicht allzu sehr ängstigen.

Wie kann das gelingen? Was ist für die Erhaltung der Gesundheit  der Kinder wichtig? Niemand möchte, dass sich kindliche Ängste entwickeln und manifestieren. Aber verbergen oder verneinen lässt sich das Thema Krieg auch nicht.

Und welche Hilfen gibt es für die geflüchteten Kinder, die nun unsere Betreuungseinrichtungen besuchen? Sie haben natürlich viel tiefere bedrohliche Erfahrungen gemacht, als die Kinder, die nur von dem Krieg hören.

Schließlich fragen sich manche pädagogischen Fachkräfte auch: Wie geht es den Geflüchteten, die in den vergangenen Jahren nach Deutschland gekommen sind und die nun an die Schrecken des Krieges im Heimatland erinnert werden?

All diese Kinder sind eine große Herausforderung für die Mitarbeitenden in Betreuungseinrichtungen. Große Angst macht sprachlos. Dieser Sprachlosigkeit kann man jedoch entgegenwirken, in dem man sprachsensibel und authentisch nach Worten sucht.

Die Kinder brauchen zum einen Antworten zum anderen Sicherheit

Zwei Dinge können nun hilfreich sein. Zum einen brauchen Kinder Antworten, die der Realität entsprechen, damit sie die Erwachsenen nicht als Lügner enttarnen. Denn Kinder haben feine Antennen und spüren Ängste der Erwachsenen, auch wenn diese nicht darüber sprechen. Und sie sollen in Gesprächen zu diesem Thema – mit Freunden und in der Betreuungseinrichtung - auch ihren Beitrag leisten können. Kinder wollen informiert sein und die Welt kindgerecht verstehen können. Verstehen können sie die Situation am besten dadurch, dass sie mit dem Thema auch umgehen. Dazu brauchen sie Gespräche, Bilderbücher und kreative Ausdrucksmöglichkeiten.

Zum anderen müssen Kinder sich sicher fühlen, denn sonst können sie sich nicht gesund entwickeln. Daher ist neben einer kindgemäßen Erklärung über den Krieg die Vermittlung von Hoffnung und Zuversicht seitens der Erwachsenen wichtig.

Man könnte also formulieren: „Ja, es gibt gerade Krieg in der Ukraine und ja, da sterben Menschen und ja, viele laufen weg und bringen sich in anderen Ländern in Sicherheit.“ Der zweite Teil der Erklärung kann heißen: „Und wir sind davon nicht betroffen. Du bist in Sicherheit und ich passe auf Dich auf.“

Damit dieses Thema von den Kindern verstanden wird und sich Mut und Hoffnung entwickeln können, bedarf es neben den Gesprächen auch der kreativen Auseinandersetzung mit dem Thema. Es bietet sich die dialogische Bildbetrachtung an.

Kinder – besonders Geflüchtete - müssen im aktiven Modus bleiben

Es können Rollenspiele ermöglicht und kreatives Mal- und Bastelmaterial gezielt angeboten werden. Das Angebot könnte so formuliert werden: „Magst Du dazu ein Bild malen? Wie könnte man den Krieg malen und wie den Frieden? Hast Du eine Idee?“

Wichtig ist für alle Kinder – besonders für Geflüchtete – dass sie im aktiven Modus bleiben. Damit ist gemeint, dass sie ihre Erfahrungen, Gedanken und Empfindungen ausdrücken und so verarbeiten. Sie brauchen das offene Ohr der Erwachsenen genauso wie einen Raum und Materialien, um sich auszudrücken. Wer bewegungslos und still mit seinen Ängsten alleine bleibt, der kann Schaden nehmen. Ent-Ängstigung ist das Ziel der gemeinsamen Arbeit am Thema.

Stellen wir uns vor, ein Kind hat vom Krieg gehört und Bilder gesehen. Nun fragt es, ob der Krieg bald auch in seiner Stadt und in seiner Straße ankommt. Natürlich kann ich logisch argumentieren, dass tausende Kilometer zwischen dem Krieg und seinem Zuhause liegen und dass die Wahrscheinlichkeit gering ist. Nur ist das Angstgefühl in der Regel nicht durch Logik zu überwinden. Im Gegenteil wird die Angst größer, weil das zugrunde liegende Problem nicht zu bewerkstelligen ist. Worte alleine helfen in dieser Krise nicht.

Kommt es also zu einer derartigen Krise, dann gibt es verschiedene Möglichkeiten. Entweder das Kind gewöhnt sich an den Zustand, weil es keine Lösung gibt oder weil man ihm nicht zuhört. Dann belastet die Angst weiterhin und dominiert das Leben und Erleben des Kindes. Dies kann zu weiteren Ängsten führen und nachhaltige Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung haben. Oder aber, das Kind findet jemanden, der ihm hilft, produktiv mit seiner Angst umzugehen.

Hilfe zur Selbsthilfe und ein produktiver Umgang mit der Angst

Was heißt mit der Angst produktiv umzugehen? Angst macht hilflos, also versuchen wir dem ängstlichen Kind wieder zu mehr Vertrauen und Stabilität zu verhelfen. Ent-Ängstigung bedeutet demnach nicht, Hilfe anzubieten, sondern Selbsthilfe zu fördern. Wenn wir Schutz bieten und versuchen dem Kind seine Angst nehmen, dann machen wir das Kind von uns abhängig und verhindern, dass es sich selbst beruhigen lernt.

Kinder sollen lernen, sich selbst – Emotionen, Gedanken, Pläne – zu regulieren und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen. So lange die Erwachsenen das Leben der Kinder bis in seine Details hinein organisieren, bleiben die Kinder abhängig. Je selbstständiger sie werden, durch Partizipation und Selbstbestimmung, umso widerstandsfähiger (resilienter) werden sie. Auch bezogen auf das Thema Krieg.

Ein weiterer Gedanke dazu ist die Frage nach Ideen und Werten, die dem Kind eine andere Sicht auf seine Situation ermöglichen. Ist es vielleicht trotz der Angst möglich, an etwas zu denken und etwas zu planen, dass noch viel größer und bedeutender ist als die Angst? Gibt es etwas, das Freude macht und motiviert? Wie wäre es zum Beispiel, wenn man über den nächsten Urlaub spricht oder über Freunde, mit denen man etwas Wunderschönes spielen möchte? Ist das Kind dazu in der Lage, Pläne zu schmieden und eine Unternehmung / eine Tätigkeit zu planen, so werden neue Kräfte mobilisiert und Ängste minimiert.

Und schließlich stellt sich noch die Frage, woran merke ich, ob ein Kind Angst vor dem Krieg hat, wenn es gar nicht darüber spricht? Denn nicht alle Kinder finden Worte dafür. Angst macht sprachlos und braucht sensible Erwachsene. Um herauszufinden, ob das Thema als belastend wahrgenommen wird und wenn ja, in welcher Intensität, müssen wir darüber sprechen. Die Kinder brauchen einen Raum und eine Zeit für dieses schwierige Thema.

Im Morgenkreis hat auch das Thema Krieg seinen Platz.

Irgendwann am Tag oder in der Woche sitzt die Kita-Gruppe im Kreis beieinander. Nennen wir es einfach den Morgenkreis. In diesem Kreis haben Themen ihren Platz, die mehrere Kinder interessieren und die für das Miteinander eine wichtige Rolle spielen. Es wird gemeinsam gesprochen, gesungen, gelacht, vielleicht getanzt und sich bewegt. In diesem Kreis hat auch das Thema Krieg seinen Platz. Die älteren Kinder werden schnell Worte finden und Gehörtes oder Gesehenes wiedergeben. Die Frage ist nun, wie das Gespräch von der pädagogischen Fachkraft geführt werden kann, ohne dass die Kinder überfordert werden.

Zunächst einmal sollten die Kinder hören: „Ihr dürft darüber sprechen, das ist hier nicht verboten“. Es können Fakten gesammelt und von Emotionen getrennt werden. Formulierungen wie: „Was passiert da im Krieg?“ werden von solchen, wie: „Wie geht es Dir, wenn Du davon hörst?“ unterschieden. Dadurch haben die Kinder die Möglichkeit, sich von den Emotionen der anderen Kinder zu distanzieren. Denn der Krieg ängstigt nicht jedes Kind. Jedes Kind hat andere Empfindungen und Wahrnehmungen und die gestehen wir ihm zu.

Praktische Ideen für die Angstbewältigung

  • Raum und Zeit für das Gespräch über den Krieg
  • Offenes Ohr, aktives Zuhören, Angst ernstnehmen
  • Fakten kindgerecht formuliert
  • Zusicherung: Dir passiert nichts, Du bist in Sicherheit!
  • Grundhaltung: Partizipation und Selbstbewusstsein fördern
  • Angebot der Auseinandersetzung mit dem Thema über Bilderbücher
  • Kreativangebot für die Auseinandersetzung mit dem Thema durch Malen, Kneten, Basteln, Bauen, Rollenspiel usw.
  • Gemeinsam Pläne schmieden: ein Projekt planen, ein Spiel, eine Tätigkeit
  • Sinneserfahrungen ermöglichen, besonders in Akutsituationen
  • Musik, Singen und Tanzen für ein ganzheitliches wohltuendes Empfinden
  • Entspannungsübungen und Phantasiereisen

ACHTUNG!

Für traumatisierte Kinder können Entspannungsübungen
auch
kontraproduktiv sein

Entspannungsübungen sind für traumatisierte Kinder nicht grundsätzlich gut geeignet. Es gibt Kinder, die sich in der Entspannung nicht gegen aufkommende Erinnerungen und trübe Stimmungen wehren können und ihnen dann umso mehr ausgeliefert sind. Darum sollten Entspannungsübungen immer freiwillig sein. Ein alternatives Angebot (z.B. ein Buch betrachten, den Raum verlassen …) sollte zur Verfügung stehen

Wenn im Morgenkreis Angst-Empfindungen spürbar werden, hat die pädagogische Fachkraft die Möglichkeit und auch die Aufgabe, damit weiter umzugehen. Die Kinder sollen im Anschluss erleben dürfen, dass man ihre Angst verstanden hat und ernst nimmt. Und in der Folge werden Verarbeitungsangebote gemacht.

Da sich Angst auch körperlich zeigt – meist durch Anspannung – sind Entspannungsübungen grundsätzlich eine hilfreiche Methode der Entlastung. Auch Phantasiereisen, kreative Ideen und Gruppenerlebnisse sind bedeutsam.

Meldet sich die Angst bei einem Kind besonders stark, können Sinneserfahrungen angeboten werden, die eine zunächst kurzfristige Beruhigung ermöglichen, wie z.B. ein angenehmer Duft, etwas zum Fühlen / Tasten und Musik zum Mitsingen oder Tanzen. Dadurch können andere Erfahrungen gemacht werden und das Thema später anders betrachtet werden. So löst sich die Fixierung auf eine Empfindung, damit die Angst nicht lähmt und das Kind wieder aktiv wird.

 

 „Wenn die Macht der Liebe die Liebe zur Macht übersteigt, erst dann wird die Welt endlich wissen, was Frieden heißt.“ – Jimi Hendrix

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