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Pädagogik & Psychologie
Kleine Zahnabdrücke auf der Haut: Warum Kinder beißen

Kratzen und Beißen bei Kleinkindern – keine böse Absicht
Dass auch Milchzähnchen schon echte Schmerzen verursachen können, wissen Eltern von Kleinkindern und Pädagogen, die mit Ein- bis Dreijährigen arbeiten, nur zu gut: Kinder beißen kraftvoll zu und das nicht selten in ihr Gegenüber. Hier erfahren Sie die Gründe und erhalten Tipps, wie Sie am besten reagieren.
Eine Bisswunde! Und das in der Kita! Winzige, rote Zahnabdrücke zeichnen sich auf dem Arm der weinenden, kleinen Lea ab. Der Schuldige ist schnell ermittelt: nicht der Hund der Nachbarin, sondern Nico, der beste Freund von Lea. Gerade spielt er noch ausgelassen mit der Fachkraft und hat sichtlich Spaß daran, seine Welt um sich zu erkunden. Und im nächsten Moment, springt er auf, rennt hinüber zu Lea und beißt zu!
Warum verhält sich ein Kind so aggressiv? Warum beißt ein Kleinkind grundlos zu?
Psychologen, Soziologen und Pädagogen sind sich in ihrer Expertenmeinung einig: Kleinkinder haben beim Kratzen und Beißen niemals böse Absichten. Sie tun dies nicht, um andere Kinder zu verletzen.
Warum ein Kind wütend sein darf
Wut zu zeigen und auszuleben, wird heutzutage häufig als inakzeptabel empfunden. Ein wütendes Kind wird meist von anderen separiert. Dies hat zur Folge, dass wir seine Bindungsbeziehungen gefährden. Bindungen, die lebenswichtig sind, um dem Kind die Möglichkeit zu geben, seine Emotionen einordnen zu können und letztlich ein Verhalten, wie z.B. das Beißen, zu unterdrücken.
Was wäre, wenn wir dem Kind helfen würden, seine Wut zu bewältigen? Wenn es von uns lernen könnte, sie zu modulieren? Das Ziel ist nicht, die Wut zu unterdrücken, sondern dem Kind beizubringen, wie es sich mit seinen Emotionen auseinandersetzt und wie es lernen kann, sich mit ihnen anzufreunden.
Wir sollten nicht versuchen, Menschen zu schaffen, die niemals wütend werden. Stattdessen können wir ihnen einen Weg zeigen, dass Wut nicht unbedingt destruktiv sein muss. Im Gegenteil, Wut kann man konstruktiv nutzen, um Probleme zu lösen und sich für Veränderungen einzusetzen.
Sich zu ärgern, ist normal!
Frustration, Wut und Weinen sind untrennbare Bestandteile jedes Lernprozesses, insbesondere in den ersten sechs Lebensjahren. In dieser Phase lernt das Kind eines der wichtigsten Grundprinzipien jeder Gemeinschaft: Es ist in Ordnung, Bedürfnisse auszudrücken, auch wenn sie nicht immer erfüllt werden können. Es ist normal, sich darüber zu ärgern. Kinder können oft mehr Stress aushalten als Erwachsene, aber sie brauchen Hilfe, um wieder zur Ruhe zu kommen.
Bringt ein Kind eine Emotion zum Ausdruck und wir machen ein Problem daraus, dann wird es für Kinder schwierig, ihre Gefühle frei und ohne Angst vor Urteilen mitzuteilen. Oft ist das eigentliche Problem oder Symptom weniger wichtig als die Person, die es erlebt.
Wir können nicht jedes Problem für Kinder lösen, aber wir können ihnen helfen, destruktive Systeme, Perspektiven und Verhaltensweisen in konstruktive zu verwandeln.
Wenn wir Kinder anleiten, wie sie ihre Gefühle auf eine positive und gesunde Weise ausdrücken können, werden sie lernen, ihre Emotionen effektiv zu regulieren und in Beziehungen zu anderen erfolgreich zu sein.
Dem Kind Respekt vermitteln
Kinder benötigen keine Befehle, sondern das Gefühl von Gleichwürdigkeit und Respekt. Eine gute Frage, mit der wir uns in jeder Situation testen können, ist: Würde ich genauso mit meinem Partner oder meiner Partnerin sprechen? Lautet die Antwort nein, sollten wir unser Verhalten gegenüber unseren Kindern überdenken.
Eltern sollten anerkennen, dass ein Kind den Drang hat, selbstständig zu werden. In der Autonomiephase ist es wichtig, das Kind entsprechend zu führen und ihm Verantwortung zu übertragen. Dies hilft, dem Kind zu vermitteln, wie es selbstständig handeln und Entscheidungen treffen kann.
Mögliche Gründe für das Beißen
Beißen im Kleinkindalter ist ein Reifungsphänomen und kann Ausdruck von Frustration, Überforderung oder dem Bedürfnis nach Aufmerksamkeit sein. Es ist wichtig, dass wir auf das kindliche Verhalten einfühlsam reagieren und Alternativen aufzeigen, wie es seine Bedürfnisse auf positive Weise ausdrücken kann. Eine einfühlsame und respektvolle Erziehung kann dazu beitragen, dass das Beißen im Laufe der Zeit von selbst abnimmt und das Kind lernt, sein Anliegen auf konstruktive Weise zu kommunizieren.
In den meisten Fällen ist das Beißen also kein Zeichen für eine Störung, sondern Teil der kindlichen Entwicklung. Die Ursachen können in der körperlichen, emotionalen und sozialen Entwicklung des Kindes sowie in der Umgebung und den Lebensumständen liegen.
Warum Kinder beißen
Es gibt eine Vielzahl an Gründen, warum ein Kleinkind beißt:
- Das Beißen kann als Ausdruck von Freude oder als eine Art Trial-and-Error-Verhalten auftreten.
- Ein Kind kann aus Frustration, Wut, Eifersucht, Hilflosigkeit oder Verteidigung heraus aggressiv reagieren.
- Das Beißen kann als Ventil dienen, um negative Emotionen abzubauen.
- Das Kind hat keine Verbundenheit zur Bezugsperson oder ruft nach Liebe (insbesondere, wenn es keine positive Aufmerksamkeit erhält).
- Es ist eine Reaktion auf das Bedürfnis nach Unabhängigkeit, z. B., wenn es wütend wird, weil es sich eingeschränkt fühlt oder das Bedürfnis nach Macht hat und durch das Beißen eine Reaktion beim anderen auslösen möchte.
- Schließlich kann auch das Zahnen eine Ursache für das Beißen sein.
Wie mit Wutanfällen von Kleinkindern umgehen?
Wenn ein Kind trotziges Verhalten zeigt, heißt es gelassen bleiben. Es ist hilfreich, Verständnis für die Not des Kindes aufzubringen und ihm deutlich zu machen, dass es bald in der Lage sein wird, bestimmte Dinge zu tun. Kann das Kind nicht beruhigt werden, muss es sich vielleicht austoben, bis die Wut abgeklungen ist. Solange es niemanden verletzt, ist das ok. Nach einem Trotzanfall, nach einem Beißen oder Kratzen benötigt das Kind normalerweise Trost und Nähe, um sich zu vergewissern, dass es immer noch unsere Zuneigung hat.
Studien haben gezeigt, dass ein Trotzanfall die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Anfalls in der nächsten Zeit erhöht. Wenn wir uns selbst gut reguliert, gelassen und mit einer positiven Haltung auf das Kind zugehen, können wir die Trotzanfälle unserer Krippenkinder minimieren.
Fazit
Während Schubsen oder Schlagen zum gemeinsamen Spielen gehört, wird mit dem Beißen eine Linie überschritten. Dabei steckt hinter dem Beißen keine böse Absicht, sondern ist meist Teil der kindlichen Entwicklung. Beißt ein Kind aus einem Wutanfall heraus, dann müssen wir dem Kind vermitteln, dass es in Ordnung ist wütend zu sein. Jedoch ist es wichtig, dass das Kind lernt, diese Wut auf andere Art und Weise auszudrücken. Indem wir ruhig und gelassen auf einen Wutanfall reagieren und dem Kind klarmachen, dass wir ihm durch sein Verhalten nicht die Zuneigung entziehen, können wir die kleinen Beiß-Attacken reduzieren.
Alle Gefühle sind erlaubt, wenn auch nicht jedes Verhalten
John Gottman
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Kratzen, Beißen, Schreien
Umgang mit kindlichen Aggressionen
Frustration, Wut und Weinen sind untrennbare Bestandteile eines jeden einzelnen Lernprozesses. Im Seminar lernen Sie, wie Sie mit
diesen Aggressionen einen guten Umgnag finden können.
- Wofür sind Kinder in ihrem Alltag verantwortlich und wofür nicht?
- Was kann man vorbeugend tun, um die Aggressionen zu mildern und Kinder Selbstwirksamkeit erleben zu lassen?
- Was tut man im konkreten Wutanfall?
- Was ist das Gegengift gegen die Aggression?
Seminarzeiten:
Das Seminar besteht aus zwei Terminen:
22.06.2023; von 09:00 - 12:00 Uhr & 13:00 - 16:00 Uhr
23.06.2023; von 09:00 - 12:00 Uhr & 13:00 - 16:00 Uhr
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