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Pädagogik & Psychologie

Herausforderndes Verhalten

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Herausforderndes Verhalten

Foro: istock_Nadia Abele

Bevor ich mit meinem Latein am Ende bin

Kennen Sie das auch? „Ich habe es ihm schon tausendmal gesagt, aber er hört einfach nicht!“ Ob zu Hause, in der Schule oder im Alltag – immer wieder stehen wir Kindern gegenüber, die ein Verhalten zeigen, das uns überfordert. Es ist das sogenannte „herausfordernde Verhalten“. Was oft nichts anderes bedeutet als: „Ich weiß nicht mehr weiter, ich bin mit meinem Latein am Ende.“

Dabei mangelt es uns oft nicht an Methoden: Wir setzen „positive Verstärker“ ein, nutzen „logische Konsequenzen“ oder orientieren uns an Konzepten wie „bedürfnisorientierter Erziehung“ oder „gewaltfreier Kommunikation“. Doch egal, was wir ausprobieren, oft scheint nichts wirklich zu funktionieren. Irgendwann müssen wir zugeben, dass wir bei bestimmten Kindern mit den klassischen Erziehungsansätzen nicht weiterkommen.

Was bedeutet „herausforderndes Verhalten“?

Bo Hejlskov Elvén beschreibt herausforderndes Verhalten als „ein Verhalten, das den Menschen um die betreffende Person herum Probleme bereitet“ (Elvén, 2017). Dieser Ansatz zeigt, dass das Problem häufig eher bei uns liegt – den Erwachsenen oder anderen Kindern in der Umgebung –, weniger beim Kind selbst. Selbst wenn das Kind ausgegrenzt oder mit Konsequenzen konfrontiert wird, nimmt es diese unter Umständen gar nicht als Strafe wahr oder empfindet sie als ungerecht. Vielleicht kann es logische Konsequenzen noch nicht einmal verstehen, geschweige denn den Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und der Reaktion der Umwelt erkennen. Auf diese Weise gerät man schnell in einen Teufelskreis aus Missverständnissen, schlechter Kommunikation und wachsender Frustration – der perfekte Nährboden für weiteres herausforderndes Verhalten.

Stress als Faktor

Ein oft unterschätzter Faktor ist der Zusammenhang zwischen Stress und herausforderndem Verhalten. Stress löst körperliche Reaktionen aus: Das Gehirn setzt Hormone frei, die unseren Körper auf Kampf oder Flucht vorbereiten – der Herzschlag beschleunigt sich, die Atmung wird schneller. Gleichzeitig werden unsere kognitiven Fähigkeiten, wie rationales Denken und Abwägen, heruntergefahren. Ein gestresstes Kind kann also gar nicht mehr „vernünftig“ reagieren. Und wenn auch wir Erwachsenen gestresst sind, fällt es uns ebenso schwer, geduldig und besonnen zu bleiben.

Kommunikation als Schlüssel

Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Kommunikation. Oft überschätzen wir die kommunikativen Fähigkeiten von Kindern. Wir gehen unbewusst davon aus, dass sie unsere Aufforderungen verstehen und ihnen folgen. Doch Kinder – und auch viele Erwachsene – reagieren nicht immer mit Zustimmung. Einige sind von Natur aus kritisch und ihre erste Reaktion ist es, Anweisungen zu hinterfragen oder abzulehnen, statt sich einfach in die Gruppe einzufügen.

Was tun, bevor wir „mit unserem Latein am Ende“ sind?

Meist geht es bei herausforderndem Verhalten um das Bedürfnis nach Selbstkontrolle. Niemand lässt sich gern vorschreiben, was er tun soll – und das gilt besonders für Kinder, die oft das Gefühl haben, dass sie zu viel Kontrolle an Erwachsene abgeben mussten. Während manche Kinder damit gut umgehen können, fällt es anderen schwerer, was sich dann in Verweigerung, Beleidigungen oder sogar selbst- und fremdverletzendem Verhalten äußern kann.

Was also tun, wenn die herkömmlichen Methoden versagen? Weder Schimpfen, noch Strafen oder „logische Konsequenzen“ führen zum Ziel, und Kritik, selbst in kleinen Dingen, wird oft als Angriff wahrgenommen. Wir sollten uns fragen: Welche Erwartungen stellen wir an das Kind? Sind diese realistisch? Und vor allem: Wie kommunizieren wir diese Anforderungen?

Statt „Räum deine Schuhe bitte ordentlich auf“, was impliziert, dass das Kind es vorher nicht gut gemacht hat, können wir sagen: „Stell deine Schuhe hierhin.“ Dieser kleine Unterschied verhindert, dass das Kind die Aufforderung als Kritik wahrnimmt.

Die Rolle der Belohnung neu überdenken

Belohnungen sollten wir weniger als Bestechung, sondern eher als eine Art „Gehaltsverhandlung“ betrachten. Für welche „Belohnung“ ist das Kind bereit, ein bestimmtes Verhalten zu zeigen? Das Konzept funktioniert ähnlich wie im Erwachsenenleben: Wir arbeiten für ein Gehalt, auf das wir uns geeinigt haben, und Kinder können auf ähnliche Weise motiviert werden.

Zeit als Schlüsselfaktor

Manchmal braucht es einfach Zeit. Kinder müssen die Möglichkeit haben, Dinge in ihrem Tempo zu beenden und sich auf neue Situationen einzustellen. Struktur und klare Abläufe können helfen, das Gefühl von Kontrolle zurückzugeben.

Deeskalation als letzte Maßnahme

Wenn die Situation bereits eskaliert ist, bleibt nur noch die Deeskalation, wie Bo Hejlskov Elvén es nennt: der „Unaufgeregte Umgang“. Dazu gehören:

  • Die eigenen Emotionen kontrollieren
  • Blick- und Körperkontakt vermeiden
  • Keine Berührungen oder körperliche Nähe
  • Distanz wahren
  • Keine Machtdemonstrationen
  • Ruhig und wenig sprechen, oder noch besser: schweigen
  • Nachgeben und warten, bis das Kind sein Stresslevel selbst regulieren kann

Wenn kleine Menschen von großen Emotionen überwältigt werden, dann ist es unsre Aufgabe, innere Ruhe zu teilen, statt uns dem Chaos anzuschließen

L.R. Knost

Online-Live-Seminar

Bevor ich mit meinem Latein am Ende bin

"Unaufgeregter Umgang" - Konflikte vermeiden und herausforderndem Verhalten begegnen

Im Seminar lernen Sie die Grundlagen des "unaufgeregten Umgangs" kennen und wie Sie diesen konkret in Ihrer Arbeit umsetzen können, um herausfordernde Situationen möglichst gar nicht erst entstehen zu lassen.

  • Kennenlernen der Methode "unaufgeregter Umgang"
  • Wie gelingt die praktische Umsetzung?
  • Zusammenhang von herausforderndem Verhalten und Stress

Seminarzeiten:

Das Seminar besteht aus zwei Terminen:

21.11.2024; von 16:00 - 18:00 Uhr
28.11.2024; von 16:00 - 18:00 Uhr

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Kommentare

Kommentar von Petra Zilch |

Hallo,
Dieser Block interessiert mich sehr. Leider kann ich an diesem Termin nicht. Gibt es andere Möglichkeiten daran teilzunehmen?
Mit freundlichen Grüßen Petra Zilch

Antwort von Markus Bräuning, Berufsbildungsseminar e.V.

Danke für Ihren Kommentar. Das Seminar ist neu und wir müssen erst sehen wie gut es angenommen wird. Es gehen bereits Buchungen eine, aber eine Einschätzung kann erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Unsere Online-Seminare sind Live-Seminare, daher gibt es keine anderen Möglichkeiten der Teilnahme. Eine Aufzeichnung ist nicht möglich, da wir sonst die Persönlichkeitsrechte der teilnehmenden Personen verletzten würden. Das Seminar füllt sich so langsam und wir sind guter Dinge, es mindestens ein weiteres Mal anzubieten. Einen Termin kann ich jedoch noch nicht nennen. Schauen Sie doch nächstes Jahr immer man wieder auf der Homepage vorbei.

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