Berufsbildungsseminar e.V. Landau

Inspiration und Information für Erzieherinnen und Erzieher.

Berufsrolle & Persönlichkeitsentwicklung

Der systemische Ansatz

Der systemische Ansatz

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Neue Impulse für pädagogische Handlungsfelder

„Der Blödmann hat angefangen“ schreit Sabine und zeigt mit dem Finger auf Julian. „Das stimmt überhaupt nicht“ heult dieser „du hast angefangen. Du hast….“es folgt eine Reihe von Vergehen, die sich Sabine angeblich begangen haben soll. Jan der Erzieher steht etwas hilflos daneben. "Was soll man da sagen? Wie war´s denn wirklich und wer hat denn jetzt recht?"

Aus systemischer Sicht haben beide Recht. Beide sagen die Wahrheit – ihre eigene Wahrheit. Denn beide haben sich zu einem anderen Zeitpunkt provoziert gefühlt.

Was bedeutet eigentlich Systemisches Denken?

Eine gute Metapher um diese Art des Denkens zu erklären ist ein Mobile. So eines, wie es gerne über Wickeltischen hängt.

 

 

Hier sind es Fische. Sie hängen an Fäden und sind so in einem optimalen Gleichgewicht miteinander verbunden. Berührt man nun einen dieser Fische, oder man zieht daran, geraten alle anderen Fische des Mobiles in Bewegung. Selbst wenn man nur eine kleine Veränderung an einer Stelle vornimmt, wirkt sich das auf das gesamte Mobile aus.

 

Übertragen auf systemisches Denken:

Die einzelnen Fische des Mobiles stehen für die verschiedenen Personen und Teile eines Systems – zum Beispiel die Mitglieder einer Familie, einer Kindergartengruppe oder eines Teams.

Die Fäden, die die Elemente verbinden symbolisieren die Beziehungen und Interaktionen zwischen den Mitgliedern des Systems.

 

Das gesamte Mobile repräsentiert das System als Ganzes, in dem jedes Element durch seine Position und Bewegung das gesamte System beeinflusst.

  

 

 

 

Systemisches Denken geht davon aus, dass alle Teile eines Systems miteinander verbunden ist. Veränderungen, die an einer Stelle des System geschehen – wie z.B. ein Kind, das auffälliges Verhalten zeigt – können nicht isoliert betrachtet werden. Diese Veränderung beeinflusst das gesamte System, und umgekehrt wird das Verhalten des Kindes auch durch das System, in dem es sich befindet, beeinflusst.

Paul Watzlawik hat einmal über die systemische Arbeit gesagt: „..Das geht so weit für mich, dass, wenn ich zum Beispiel Ehe-Therapie betreibe, der Patient nicht mehr der Mann oder die Frau, sondern die Beziehung zwischen diesen beiden Menschen ist. Das ist mein Patient. An dieser Beziehung will ich arbeiten.“ (Wikipedia)

Der systemische Ansatz hält immer mehr Einzug in die pädagogische Arbeit. Mit seiner Grundhaltung ist er hilfreich, um Konflikte frühzeitig zu erkennen, Beziehungen zu gestalten und entspannter miteinander zu kommunizieren. Er zeichnet sich dadurch aus, dass er sich nicht auf die Einzelperson mit dem Problem konzentriert, sondern ein ganzes System in den Blick nimmt und ressourcenorientiert arbeitet.

Gemeinsam Lösungen entwickeln

Es ist wenig hilfreich permanent über Probleme zu reden. Wenn sich Menschen gegen das richten was ist und sich über Situationen beschweren, ohne wirklich in die Handlungsabsicht zu kommen, investieren sie nur unnötig Energie. Sinnvoller ist es, sich mit Lösungen zu beschäftigen. Der Fokus wird in der systemischen Arbeit in erster Linie auf die Entwicklung der Stärken und die Anerkennung von vorhandenen Ressourcen und Erfolgserlebnissen gerichtet. Fern von Selbstaufgabe und Opferhaltung liegt der Schwerpunkt auf Zukunftsperspektive und Selbstwirksamkeit.

Gemeinsam werden Lösungen entwickelt und neue Handlungsmöglichkeiten geschaffen.

Ziel ist es dabei immer, über einen wertschätzenden Dialog die Selbstwirksamkeit zu stärken oder wiederherzustellen. Probleme werden anerkannt und dahingehend betrachtet, dass existierende Muster und Verhaltensweisen zur Lösungsfindung hilfreich sein können.

Stellen Sie sich einen Baum vor!

Haben Sie einen Baum im Kopf? Ja haben Sie, den Ihr Unbewusstes hat längst das Bild eines Baumes konstruiert, noch bevor Sie darüer nachdenken konnten, ob sie das möchten oder nicht - aber das wäre Thema eines anderen Blogartikels. Kommen wir zurück zu Ihrem Baum. Wenn man Sie bitten würde, diesen Baum genau zu beschreiben, so würde er sicher ganz anderes aussehen, als die vielen anderen Bäume, die in den Köpfen der anderen Leser entstanden sind. Ein Laubbaum, eine Nadelbaum, ein Apfelbaum, eine Birke, groß, klein - im Wald oder auf der Wiese, die Möglichkeiten sind mannigfaltig.

Jeder hat seinen eigenen Baum, den er/sie aus seiner/ihrer eigenen Perspektive sieht. Und, das ist das Schöne an dieser Art zu denken - alle können nebeneinander stehen, ohne dass ein Baum falsch, besser oder schlechter, oder vielleicht weniger „baumiger“ wäre, ist als ein anderer.

 

Ente oder Kaninchen?

 

So ist es auch mit verschiedenen Sichtweisen bei unterschiedlichen Menschen. Jeder Mensch blickt auf eigene Erfahrungen, Erlebnisse und Entscheidungen zurück und konstruiert daraus seine eigene individuelle Wirklichkeit. Scheinbar gleichen Phänomenen können sehr unterschiedliche Bedeutungen gegeben werden, denn die Perspektiven sind mitunter völlig verschieden.

Ziel eines Veränderungsprozesses kann daher sein, andere Blickwinkel einzunehmen, eigene Denk- und Verhaltensweisen zu hinterfragen und damit problematische Muster und Konfliktherde aufzudecken. Welchen riesigen Unterschied eine andere Perspektive machen kann, wird an dem obigen Vexierbild deutlich

In die Schuhe des anderen schlüpfen

„Wenn ich die gleichen Voraussetzungen gehabt, die gleichen Erfahrungen und Erlebnisse gemacht hätte, würde ich wahrscheinlich genauso denken und handeln wie er / sie“, ist eine Sichtweise, die sehr viel zum Verständnis anderer beiträgt.

Systemisch denkende und handelnde Menschen schauen zugewandt, respektvoll und akzeptierend auf ihre Umwelt. Situationen, Herausforderungen und Probleme werden immer aus verschiedenen Perspektiven betrachtet. Aus Sicht des Betroffenen ergibt auch das herausforderndste Verhalten einen Sinn. Um das jeweilige Verhalten verstehen zu können sind offene Fragen ohne Wertung oder Verurteilung hilfreich. Dem systemischen Ansatz liegt also ein sehr wertschätzendes und positives Menschenbild zugrunde.

Warum vehält Luis sich so?

Viele Kinder zeigen heutzutage ein auffälliges Verhalten, dass auf die eine oder Andere Art herausfordernd ist – mal sind sie laut mal ausgesprochen leise. Sicher haben Sie sich schon einmal gefragt, aus welchem Grund sie sich so verhalten. Vielleicht haben Sie festgestellt, dass Sie sich auf diese Weise nur schwer in unser System oder in ihr Familiensysteme integrieren lassen. Vielleicht machen sie damit auf eigene unbefriedigte Bedürfnisse oder Missstände aufmerksam. Durch ihr Verhalten zeigen diese Kinder: „Ich komme mit der Situation nicht klar“. Was könnte sich dahinter verbergen? Was versucht das Kind für sich selbst durch sein Verhalten zu erreichen? Vielleicht ist das eine Art, für sich selbst gut zu sorgen, sich abzugrenzen, Überforderung aufzuzeigen oder einfach nur endlich Aufmerksamkeit zu erlangen.

Die „Systemiker“ fragen: Welches Bedürfnis steht vermutlich dahinter? Welche (gute) Absicht lässt sich erkennen oder vermuten? Für was könnte diese Problematik hilfreich sein? Mit ein bisschen Verständnis und Zugewandtheit kann eine schwierige Situation entschärft und das Verhalten nicht als „gegen mich“ gerichtet, sondern als „aus der Hilflosigkeit heraus entstanden“, gesehen werden.

Wir verändern unser Leben, indem wir anfangen uns anders zu verhalten

Uns selbst zu reflektieren und die eigene Verantwortung für unser Leben zu übernehmen befähigt uns, eigene Problemlösestrategien zu entwickeln, Dinge selbst in die Hand zu nehmen, unser Umfeld entsprechend unserer Wünsche und Werte zu gestalten und liebevoll mit unseren Mitmenschen umzugehen. Wenn wir uns als handlungsunfähig empfinden, bringen uns dabei oft die richtigen (systemischen) Fragen hin zu eigenständigen Entwicklungen von Lösungen und neuem Tatendrang.

Mit der Idee: „Wir verändern unser Leben nur dadurch, indem wir anfangen uns anders zu verhalten“, können alte Glaubenssätze hinterfragt und neue entwickelt werden. Solche Denk- und Kommunikationsweisen bieten neue Möglichkeitsräume und eröffnen ein friedliches und wertschätzendes Miteinander – in welchem System auch immer.

Auffälliges Verhalten nicht isoliert betrachten!

Kommen wir nochmals zurück auf die Mobile-Metapher. Statt nur das auffällige Verhalten eines Kindes zu betrachten und es „reparieren“ zu wollen, wird im systemischen Ansatz das ganze „Mobile“ betrachtet. Man versucht zu verstehen, wie die Beziehungen und Dynamiken innerhalb des Systems (oder auch innerhalb verschiedener Systeme) das Verhalten beeinflussen und wie Veränderungen an einer Stelle das gesamte System ins Gleichgewicht bringen oder aus dem Gleichgewicht bringen können.

 

„Das Leben ist wie Fahrradfahren.“ Um das Gleichgewicht zu halten, muss man in Bewegung bleiben."

Albert Einstein

Online-Live-Seminar

Der systemische Ansatz

Neue Impulse für pädagogische Handlungsfelder

Durch diesen Einblick in das systemische Arbeiten erhalten sie im Online Seminar wertvolle Impulse für die Praxis.

  • Der systemische Ansatz
  • Verschiedene systemische Methoden kennenlernen
  • Mit systemischen Fragestellungen arbeiten
  • Neue Blickwinkel und Perspektiven finden

Seminarzeiten:

Das Seminar besteht aus drei Terminen:

28.10.2024; von 09:00 - 12:00 Uhr & 13:00 - 16:00 Uhr
29.10.2024; von 09:00 - 12:00 Uhr & 13:00 - 16:00 Uhr
30.10.2024; von 09:00 - 12:00 Uhr & 13:00 - 16:00 Uhr

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