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Achtsam kommunizieren mit Kindern in Corona-Zeiten

Achtsam kommunizieren mit Kindern in Corona-Zeiten

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Die Einrichtungen sind wieder offen – zu Glück. Zum einen gibt es in vielerlei Hinsicht Erleichterungen für die arbeitenden Eltern, zum anderen aber auch Unsicherheiten bei allen Beteiligten. Was das für den pädagogischen Alltag bedeutet, wird von öffentlicher Seite teilweise unterschätzt.

Nach ferienbedingter kitafreier Zeit beispielsweise, erlebten wir immer wieder kleine Rückschritte in der täglichen Arbeit oder hatten zumindest das Gefühl, manche Kinder müssten sich noch einmal neu sortieren. Nun stehen wir seit den Schließungen während des Corona „Lockdowns“ vor ganz neuen Herausforderungen. Einige Kitas laufen wieder im „Normalbetrieb“ und andere haben noch besondere Auflagen bezüglich der Gruppengrößen und der Öffnungszeiten.

Kinder Eltern und Erzieher*innen haben in dieser Zeit eine große Gemeinsamkeit- Es ist für alle eine ganz besondere Situation, mit der es umzugehen gilt.

Die individuellen Erlebnisse der Kinder

Gerade für die Kinder ist die momentane Situation sehr speziell. Sie haben zum ersten Mal gravierende Einschränkungen erleben müssen und viele von ihnen können auch bis heute nicht so richtig verstehen, warum sie jetzt so lange nicht in die Kita durften und ihre Freund*innen und Erzieher*innen nicht sehen konnten. Nun kommen sie nach und nach wieder zurück in den „Vor-Corona-Alltag“ und müssen sich erst einmal zurechtfinden. In den Gruppen beobachten Sie, als pädagogische Fachkräfte, vielleicht Veränderungen. Es entstehen neue Dynamiken und eventuell sind bei einzelnen Kindern sogar neue Verhaltensweisen zu erkennen. Vielleicht gibt es auch tatsächlich rückschrittliche Veränderungen. Einige Kinder scheinen sich plötzlich nicht mehr ganz wohl zu fühlen, während andere ganz besonders erleichtert scheinen, endlich wieder in der Kita zu sein.

Wenn sie solche Veränderungen in ihrer Einrichtung beobachten, seien sie nicht verwundert.

Für die Kinder war alles neu und vor allem haben sie während des „Corona-Lockdowns“ alle unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Die einen haben es möglicherweise besonders genossen, viel Zeit zuhause zu verbringen, die weniger arbeitenden Eltern um sich zu haben und sich gemeinsam mit der Familie eine schöne Zeit machen zu können. Andere haben vielleicht Sorgen und Ängste der Eltern mitbekommen oder auch Krankheits- oder sogar Todesfälle miterlebt.

Abhängig von der familiären Situation haben die Kinder also prägende Ereignisse erfahren und sind vermutlich immer noch dabei, diese zu verarbeiten.

Diese Situation nachvollziehen zu können ist also der erste Schritt zum einfühlsamen und wirksamen Umgang mit den Kindern. Wenn Sie im Kitaalltag herausforderndes Verhalten wie beispielsweise Wutanfälle, körperliche Übergriffe oder auch vermehrtes Widersetzen gegen die Regeln beobachten, denken Sie also daran: Es gibt einen guten Grund für dieses Verhalten!

Durch den Reiz dieser besonderen Situation, der von den einzelnen Kindern vollkommen unterschiedlich erlebt und deshalb bewertet wird, werden unterschiedliche Primäremotionen ausgelöst. Hinter Wut und Ärger stecken in der Regel Gefühle wie Angst, Unsicherheit, Überforderung oder auch Trauer. Wenn Sie versuchen herauszufinden, was die Kinder wirklich beschäftigt, dann haben Sie gute Chancen, zu den Kindern durchzudringen und konstruktiv mit ihnen und ihren Empfindungen zu arbeiten.

Handlungsoptionen für eine gute Stimmung

Was können Sie außerdem tun, um es den Kindern und auch Ihnen selbst so angenehm wie möglich zu machen um langsam wieder in den gewohnten Kitaalltag zurückzukehren?

Zunächst sollten Sie Ihre eingespielten Strukturen hinterfragen. Gibt es Situationen im Tagesablauf, die aktuell zu herausforderndem Verhalten führen? Kommen manche Kinder mit Ritualen, die sie bisher sogar gerne mochten, auf einmal nicht mehr gut klar? An welche Regeln können sie sich momentan nur ganz schwer halten und sind diese denn gerade unbedingt nötig?

Überprüfen sie Regeln, Abläufe und Strukturen auf Aktualität und Notwendigkeit. Vor allem Reize, die Wut und Aggressionen auslösen, sollten genau betrachtet und eventuell angepasst werden.

Auch auf der Beziehungsebene können sich Veränderungen ergeben. Einige Kinder sind vielleicht besonders anhänglich, weil sie Sie so sehr vermisst haben und andere fremden möglicherweise wieder ein Bisschen. Hier gilt es, zunächst eine beobachtende Haltung einzunehmen und zu überlegen, was die einzelnen Kinder jetzt brauchen könnten. Seien Sie so gut wie möglich für sie da. Üben Sie jedoch keinen Druck aus, sollten einige von ihnen noch etwas zurückhaltend und unsicher sein. Denken Sie daran, was sie in den letzten Monaten alles erlebt haben.

Ein besonders wichtiger Faktor ist in dieser Zeit, neben dem Beobachten, das (aktive) Zuhören.

Achten Sie genau darauf, was die Kinder sagen, wie sie von ihrer Zeit Zuhause sprechen und nehmen Sie die Kleinigkeiten wahr. Versuchen Sie dabei nicht, sofort Lösungen für alle Probleme oder Sorgen zu finden, sondern bleiben Sie zunächst passiv. Bieten Sie einen Ort der Sicherheit und Geborgenheit für die Empfindungen der Kinder. Vor allem in Bezug auf mögliche Unsicherheiten und Sorgen der Kinder: Vermeiden Sie Aussagen wie „Das ist doch nicht so schlimm.“ Das Kind, welches nur seine subjektive Situation kennt, empfindet einen Umstand eventuell als besonders schlimm, sollte es daher auch aussprechen dürfen und möglichst auf positive Resonanz stoßen.

Lassen Sie sich erzählen, was die Kinder bedrückt und zeigen Sie Verständnis dafür. Werten Sie die Situation weder, noch versuchen Sie vorschnell zu analysieren und Lösungen anzubieten. Schalten Sie einen Gang zurück.

Erzieher*innen sind keine Roboter

Auf Seiten der pädagogischen Fachkräfte und vor allem auf Seite der Einrichtungsleitung kommen zu der wichtigen Arbeit „am Kind“ natürlich organisatorischen Herausforderungen hinzu. Das hat zur Folge, dass es Ihnen im Alltag womöglich nicht immer gelingt, uneingeschränkt gelassen und rücksichtsvoll zu sein. Sie haben in den letzten Monaten ebenso Ihre individuellen Erfahrungen gemacht und stehen jetzt vor einer völlig neuen Situation und neuen Schwierigkeiten.
Vielleicht sind noch nicht alle Kolleg*innen wieder im Dienst und wahrscheinlich müssen Sie auch auf administrativer Ebene momentan noch mehr leisten als sonst.
Gestehen Sie sich das also auch zu.
Natürlich wollen Sie alles richtig machen, aber Druck führt zu nichts.
Sprechen Sie vor allem im Team darüber, wenn die momentane Situation Ihnen zu schaffen macht und nehmen Sie sich gemeinsam vor, nichts davon „an den Kindern auszulassen“.
Egal wie jung diese noch sein mögen, natürlich spüren sie, wenn Sie überfordert und besonders belastet sind und das ist auch okay. Spielen Sie den Kindern nichts vor, sondern sprechen Sie mit Ihnen und seien Sie transparent. Sie sitzen aktuell alle im selben Boot und müssen gemeinsam mit der Situation umgehen.

Gewaltfreie Kommunikation

Vor allem wenn dann beides zusammenkommt. Wenn die Kinder herausforderndes Verhalten zeigen und Sie von der Situation gestresst sind, wird es anstrengend. Positive und wertschätzende Kommunikation und Transparenz sind dann nicht immer so einfach.

Wie können Sie damit umgehen?
Denken Sie an die vier Ebenen der gewaltfreien Kommunikation:

  1. Beschreiben Sie das unerwünschte Verhalten.
  2. Kommunizieren Sie, was dieses Verhalten bei Ihnen auslöst.
  3. Kommunizieren Sie Ihr Bedürfnis.
  4. Sprechen Sie eine Bitte oder Aufforderung aus.
    Statt also zu sagen: „Louis, kannst Du jetzt mal still sein? Dein Geschreie nervt!“
    Sagen Sie: „Louis, du bist gerade sehr laut, das ist für mich sehr anstrengend und ich wünsche mir ein wenig mehr Ruhe. Bitte sprich leiser.“

Ein weiterer Tipp, um auch in angespannten Situationen wertschätzend und positiv zu bleiben: Kennen Sie das, wenn Sie im Privaten mit einer Person streiten und sich aber in Momenten, in denen eine dritte Person hinzukommt, zurückhalten können, weil Ihnen der Streit vor dieser Person unangenehm ist?
Wie eine ähnliche, freiwillig gewählte Kontrollinstanz können Sie gemeinsam im Team wirken.
Sprechen Sie mit Kolleg*innen darüber, dass Sie trotz eventueller Überforderung immer positiv und wertschätzend bleiben möchten und Sie werden sich selbst besser „im Griff haben“, weil Sie das gemeinsame Vorhaben vor den Kolleg*innen zeigen wollen.

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Die Inhalte:

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